Nachhaltig investieren Teil 3: konkret mit Hand- und Fußabdruck

Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine Anlageberatung dar. Die getroffenen Aussagen sind nicht als Empfehlung oder Aufforderung zu verstehen, bestimmte Finanzprodukte zu kaufen oder Anlagestrategien zu verfolgen. Ob und in welche Finanzanlagen du investierst, musst du immer anhand deiner persönlichen Situation selbst entscheiden.

 

Nachhaltigkeit als Entscheidungsdimension in der Geldanlage

In Teil 2 unserer Serie „Nachhaltig investieren“ haben wir das Konzept des Hand- und Fußabdrucks als eine Leitlinie für nachhaltige Entscheidungen vorgestellt. Kurz zusammengefasst geht es darum, negative Auswirkungen (Fußabdruck) möglichst zu minimieren und eine positive Wirkung (Handabdruck) möglichst zu maximieren.

Übertragen auf das Thema Geldanlage geht es also darum, sein Geld so einzusetzen, dass möglichst wenig Schaden angerichtet wird und gleichzeitig möglichst positiver Nutzen dadurch entsteht. Zusätzlich soll das Ganze in einem adäquaten Verhältnis stehen zu dem Risiko, dass du eingehen musst, und der Rendite, die du erwarten kannst.

Das bekannte „magische Dreieck der Geldanlage“ wird um einen vierten Faktor erweitert: die Nachhaltigkeit.

 

 

Welche Finanzprodukte stehen dir als Privatanleger zur Verfügung?

Im Wesentlichen geht es beim Investieren immer darum, dass du dein Geld für eine gewisse Zeit zur Verfügung stellst, damit andere damit arbeiten können (und dafür erwartest du als Gegenleistung eine Rendite). Die konkreten Risiken, Chancen und welche nachhaltige Wirkung du damit erzielen kannst hängen von der Investitionsform ab, die du wählst. Einige Investitionsformen, die dir als Privatanleger zur Verfügung stehen:

  • Aktien von Unternehmen, direkt gekauft oder als Teil eines Fonds / ETF – die Auswahl wird (auch) nach Kriterien der Nachhaltigkeit getroffen.
  • Green Bonds, also grüne Anleihen, direkt gekauft oder als Teil eines Fonds / ETF.
  • Direkte Investments in Projekte oder junge Unternehmen mit Crowdfunding. Hier erwirbst du meistens eine mittelbare Beteiligung an dem Unternehmen, in Form eines sogenannten Nachrangdarlehen oder ähnlicher Finanzierungsinstrumente.
  • Grünes Tagesgeld / Sichteinlagen: Hier stellst du das Geld einer „grünen“ Bank zur Verfügung die wiederum damit arbeitet. Aufgrund der niedrigen Zinsen, die du dafür bekommst, sehen wir das eher als Parkmöglichkeit (zum Beispiel für deinen Notgroschen), als eine Investition, die eine adäquate Rendite abwirft.

 

Berücksichtigen von Fuß- und Handabdruck

Wie kann die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Auswahl von Investments konkret aussehen? Sehen wir uns an, wie professionelle Investmentmanager (zum Beispiel Fondsmanager) vorgehen. Es gibt dafür verschiedene Ansätze. In der Praxis wird meist eine Kombination aus mehreren Ansätzen angewendet. Einige Ansätze nehmen den Fußabdruck, andere eher den Handabdruck in den Blick.

 

Investment-Ansätze mit Fokus auf dem Fußabdruck

Ausschlüsse, Negativkriterien

Zum Beispiel könnten ganze Industriezweige ausgeschlossen werden, die als besonders „unnachhaltig“ gelten: Waffenindustrie, Tabakproduzenten und Pornographie sind die Klassiker.

Oder es werden einzelne Unternehmen in einer Branche ausgeschlossen, die zu hohe Teile ihres Umsatzes aus schädlichen Wirtschaftsaktivitäten beziehen.

Ein Beispiel dazu: In 2020 ging durch die Presse, dass Blackrock den Ausstieg aus Kohle-Investments verkündet hat. BlackRock ist mit seiner Marke iShares der weltweit größte Anbieter von ETFs und verwaltet ein Vermögen im Wert von ungefähr 10 Billionen U.S. Dollar (also 10.000 Milliarden!!) – unter anderem ca. 10 % der Anteile an den DAX Unternehmen. Damit ist BlackRock der größte Vermögensverwalter weltweit und besitzt einen immensen Einfluss.  Tatsächlich hatte Blackrock aber verkündet, dass es künftig nicht mehr in Unternehmen investieren wolle, die mehr als 25 % ihres Umsatzes mit der Förderung von Kohle machen. So bleiben Unternehmen wie Glencore im Portfolio von BlackRock, obwohl sie riesige Mengen an Kohle fördern. Außerdem gilt die Entscheidung nur für aktiv gemanagte Produkte – nicht also für die beliebten ETFs!

Bei Ausschlusskriterien gilt es also, sehr genau zu schauen, auf was sie sich erstrecken und wie sie umgesetzt werden.

 

Normbasiertes und wertebasiertes Screening

Beim normbasierten Screening Ansatz sollen Firmen herausgefiltert werden, die negativ auffallen in Bereichen wie Arbeitsschutz, Menschenrechte usw. Die wohl bekannteste internationale Norm, gegen die geprüft wird, ist der U.N. Global Compact. Dafür benutzen die Investment-Manager umfangreiche Datenbanken, die Verstöße auf der Ebene von einzelnen Unternehmen oder Staaten verzeichnen. Die Umsetzung ist aber auch hier sehr unterschiedlich: Manche unterscheiden nach leichten und schwerwiegenden Verstößen. Oder auch nach hinreichend vermuteten Verstößen (Beispiel: es existiert dazu negative Berichterstattung von seriösen Medien) oder erwiesenen Verstößen (Beispiel: das Unternehmen wurde vor Gericht schuldig gesprochen). Und dann kommt es natürlich darauf an, was im Falle eines Verstoßes passiert, wenn das Unternehmen bereits im Portfolio ist. Tritt der Fondsmanager in den Dialog mit der Unternehmensführung? Verkauft er das Investment zeitnah, falls die Verstöße nicht behoben werden?

 

Wertebasiertes Screening orientiert sich im Gegensatz dazu nicht an allgemein anerkannten Normen, sondern an mehr oder weniger individuellen Werten. Viele der gängigen Ausschlusskriterien basieren auf ethischen Wertvorstellungen (Pornographie, Tabak, Waffen aber auch Alkohol, Stammzellenforschung, Abtreibung…).

Die Ansichten einzelner Investoren können aber durchaus unterschiedlich sein. Und: Werte unterliegen auch dem Wandel durch gesellschaftliche Entwicklungen und Diskurse. Ein Beispiel: Während bis vor einem Jahr Investitionen in die Waffenindustrie schon fast ein No-Go waren, sah man die Aktien von Rüstungskonzernen seit Beginn des Ukrainekriegs nach oben klettern.

 

Best in Class

Bei diesem Ansatz werden „die besten“ einer Industrie ausgewählt. Meist geht es um Kriterien, die auf den Fußabdruck einzahlen. Zum Beispiel Emissionen und Ressourcenverbrauch. Aber auch Kennzahlen zu Diversity, Arbeitspraktiken und so weiter.

Viele als nachhaltig bezeichnete ETF verfolgen den Best in Class Ansatz und bilden einen der vielen Nachhaltigkeits-Indizes (zum Beispiel aus der „Dow Jones Sustainability“ Familie) ab. Aber auch bei aktiv gemanagten Fonds ist dieser Ansatz weit verbreitet.

Hier kommt es vor allem darauf an, ob er mit anderen Ansätzen kombiniert wird, etwa um besonders schädliche Branchen komplett auszuschließen, denn sonst hat man eben auch die „nachhaltigsten“ Ölkonzerne im Portfolio. Außerdem sollte dir bewusst sein, dass „die besten einer Branche“ auch gerne Mal die besten 50 % heißen kann – also nicht nur die absoluten Spitzenreiter.

 

Engagement / Divestment

„Engagement“ meint den Versuch, aktiv auf das Management eines Unternehmens (oder sogar auf die Führung eines Staates) einzuwirken. Sei es im Dialog oder bei der Ausübung der Stimmrechte bei Aktionärsversammlungen. So versuchen einige Vermögensverwalter beispielsweise, Konzerne zu mehr Anstrengungen beim Kampf mit dem Klimawandel zu bewegen. Hat das Engagement keinen Erfolg, sollte als Konsequenz eine Trennung bzw. ein Entzug der finanziellen Mittel erfolgen.

Auch hier kommt es wieder auf die Umsetzung an. Von Fonds / ETFs, die die Stimmrechte gar nicht ausüben, bis hin zu sehr engagierten Akteuren reicht die Bandbreite. Eine interessante Frage in diesem Zusammenhang: Wer kann besseres Engagement betreiben? Ein Branchenriese, der viel Kapital kontrolliert und damit einen großen Hebel hat? Oder ein kleiner Vermögensverwalter, der aber Überzeugungstäter ist und eine tiefgrüne Agenda treibt? Letztendlich sollte man die Akteure an ihren Taten messen.  Sich aber auch bewusst machen, dass die großen Vermögensverwalter, die auch „konventionelle“ Produkte im Angebot haben, nicht frei von Interessenkonflikten sein können. Ein aktuelles Beispiel ist Vanguard, einer der größten ETF Anbieter der Welt:  Nach weniger als zwei Jahren trat Vanguard Ende 2022 bereits wieder aus der Net Zero Asset Managers Initiative (ein Zusammenschluss aus Vermögensverwaltern, die sich klimaneutrale Portfolien bis 2050 auf die Fahnen geschrieben hat) aus – angeblich auf massiven politischen Druck hin.

 

 

Investment-Ansätze mit Fokus auf dem Handabdruck

Bei diesen Ansätzen geht es um die Förderung von positiven Aspekten und Merkmalen. Wenn es gelingt, eine positive Wirkung („Impact“) zu erzielen, die ohne das Investment nicht zu Stande gekommen wäre („Additionalität“), kann man von Impact Investment sprechen.

Positivkriterien und thematische Investments

Bei dieser Art des Investierens wird festgelegt, welche Branchen, Aspekte oder Wirkungen man fördern möchte und die Unternehmen entsprechend danach ausgesucht. Es gibt zum Beispiel Fonds, die sich auf Branchen wie ökologische Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Wasser konzentrieren. Oder „Gender Lens Investing“ – bei diesem Ansatz wird gezielt in Unternehmen investiert, in denen Frauen eine tragende Rolle spielen. Denn Untersuchungen belegen, dass gemischte Führungsteams eine höhere Erfolgsquote und im Durchschnitt bessere Renditen erreichen.

 

Mikrofinanz

Mikrofinanz bezeichnet finanzielle Dienstleistungen für Personengruppen, die vom traditionellen Finanzsystem ausgeschlossen sind. Mikrofinanzinstitute sind überwiegend in Entwicklungsländern tätig und vergeben dort Kredite an lokale Kleinunternehmer. Der Impact ist sehr hoch, da die Kunden bereits mit kleinen Kreditsummen, mit denen sie zum Beispiel Saatgut und Werkzeuge kaufen, ihre Produktivität massiv steigern können. Es gibt Mikrofinanzfonds, die die vergebenen Kredite bündeln und für Kleinanleger investierbar machen. Diese Fonds sind erfreulicherweise meist viel weniger schwankungsanfällig als zum Beispiel Aktienfonds. Dafür ist die Zielrendite aber auch kleiner.

 

Start-Up- & Projektfinanzierung

Ganz konkret können Gelder auch in ein Projekt (zum Beispiel Solarparks) fließen. Als Privatanleger kannst du Anteile an Alternativen Investmentfonds kaufen, die solche Projektfinanzierungen bündeln. Oder es werden direkt junge Unternehmen finanziert, deren Geschäftsmodell sich voll auf die Lösung eines sozialen oder ökologischen Problems konzentriert. Solche Unternehmen sind noch nicht groß genug für den klassischen Kapitalmarkt, können also zum Beispiel keine Anleihen begeben oder an die Börse gehen. Kleinanleger haben deswegen beschränkte Möglichkeiten, in solche Unternehmen zu investieren, ein Weg ist Crowd-Funding.

Bei diesen Investitionen muss dir klar sein, dass dein Kapital in der Regel über Jahre oder Jahrzehnte gebunden ist. Das Risiko eines Totalverlusts musst du immer einkalkulieren.

Der positive Impact dagegen kann sehr hoch sein, vorausgesetzt du wählst ein Projekt oder Unternehmen, das ein wirklich nachhaltiges Ziel verfolgt und die Umsetzung hinbekommt.

 

Was ist wichtiger beim nachhaltigen Investieren – Fuß- oder Handabdruck?

Ganz klar beides, da es sich ergänzt. Ein Produkt, das einen positiven, messbaren und nachgewiesenen Handabdruck (oder Impact) hat, ist sicher die Königsklasse. Es muss aber zwingend auch den Fußabdruck berücksichtigen. Gute Themenfonds zum Beispiel wenden dafür auch Negativkriterien und ein strenges normbasiertes Screening an. Denn was würde es zum Beispiel bringen, in ein Unternehmen zu investieren, das zwar ein bahnbrechendes Produkt zur CO2 Reduzierung entwickelt hat, aber in der Produktion die Umwelt verpestet, seine Mitarbeiter ausbeutet oder seine Bilanzen fälscht?

Mögliche Investitionen müssen immer ganzheitlich geprüft werden. Wenn du dir das alleine nicht zutraust, kannst du auf die Dienste von Vermögensverwaltern, Anlageberatern oder Fondsmanager zurückgreifen. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Großteil der Branche (noch) ziemlich „traditionell“ tickt und nicht aus ausgewiesenen Nachhaltigkeitsexperten besteht. Während der Klimawandel in den Köpfen – zumindest theoretisch – mittlerweile angekommen ist, können zum Beispiel die meisten mit dem Stichwort Biodiversitätskrise noch nicht so viel anfangen. Es gibt aber einige Vorreiter, die schon seit Jahrzehnten Wissen und Kapazitäten aufgebaut haben und sich konsequent auf Nachhaltigkeit ausrichten. Und der Druck durch Kunden und Regulatoren steigt. Du solltest immer (zusätzlich) selbst recherchieren und mehrere Quellen checken, bevor du dich für einen Anbieter oder ein Produkt entscheidest.

 

Das richtige Investment

Ganz schön viele Besonderheiten, Ansätze und Produkte! Und welches Investment ist jetzt das richtige? Die passende Geldanlage für dich kannst du nur finden, indem du deine ganz persönlichen Umstände berücksichtigst und dir über deine Ziele im Klaren bist. Auch deine ganz eigenen Werte spielen eine Rolle. Wertebasiertes Investieren ist zwar subjektiv, aber dennoch begrüßenswert, denn man übernimmt Verantwortung für sein Handeln.

Nachfolgend unsere ganz persönliche Meinung, die keine Anlageberatung / Empfehlung darstellt!

  • Unsere persönliche Meinung ist, dass die Welt an einem Punkt angekommen ist, wo es nicht mehr reicht, die „nicht ganz so schlimme“ Option zu wählen. Positive Wirkung (echter Handabdruck) und eine sehr deutliche Senkung des Fußabdrucks sind in allen Bereichen notwendig, und jeder sollte sich nach seinen Möglichkeiten daran beteiligen. Mit einem der gängigen „grünen ETFs“ investierst du vielleicht nicht in die schlimmsten Öl-Multis, solltest aber nicht ernsthaft annehmen, dass dein Geld „Gutes bewirkt“.
  • Es gibt sehr engagierte Fondsanbieter (dort eher kleine Nischenanbieter als die Branchenriesen), die sich viel Mühe machen, richtig nachhaltige Portfolien zusammenzustellen und möglichst wenig Kompromisse einzugehen. Je strengere Kriterien ein Fonds aber anlegt, desto weniger Unternehmen können aufgenommen werden. In einem solchen Fonds stecken vielleicht um die 50 Titel. Oft sind das kleinere, innovative Unternehmen, deren Aktienkurs stärker schwankt als der von Großkonzernen. Klar, dass ein ETF auf den MSCI World mit ca. 1.600 der größten Unternehmen weltweit eine breitere Risikostreuung – und in der Regel auch geringere Schwankungen – aufweist.
  • Außerdem wenden Anbieter, die eigene Nachhaltigkeitsrecherchen betreiben, statt sich nur auf externe Ratings zu verlassen, viel Zeit und Mühe auf. Dieser Aufwand spiegelt sich in den Kosten, die höher sind als die eines konventionellen ETF. Nachhaltigkeit muss man sich also auch leisten wollen.
  • Ein Ansatz könnte sein, die Basis-Investments mit kostengünstigen, breit gestreuten ETFs abzubilden, und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten kleinere oder größere Anteile in „richtig grüne“ Investments zu stecken. Mit der Zeit kann man diese grünen Anteile dann immer mehr ausbauen.

Übrigens auch aus diesem Grund haben wir Zukunft schenken gebaut. Geschenke gibt es in der Regel „extra“, selten müssen damit Grundbedürfnisse gedeckt werden. Dieses Geld eignet sich deswegen besonders gut zum Einstieg in ein grünes Investment, und da man auf den Kauf von Gegenständen verzichtet, gibt es einen doppelten positiven Effekt.

Wir hoffen, dass viele solche positiven Effekte in Summe eine wirklich gute Zukunft für möglichst viele Lebewesen auf dieser Erde ermöglichen.

Dein Zukunft schenken Team