Nachhaltig investieren: Grundlagen

Du möchtest dein Geld „grün“ anlegen? Das ist eine super Idee! Geld arbeitet, und wenn du dir die Mühe machst, zu prüfen, wem du es zur Verfügung stellst, arbeitet es auch für die richtigen Unternehmen und Ziele.

In diesem Leitfaden erklären wir die Grundlagen des nachhaltigen Investierens.

 

Was heißt Nachhaltigkeit überhaupt?

Bevor wir uns den Grundlagen des nachhaltigen Investieren widmen, sollten wir einmal klären, was Nachhaltigkeit genau heißt, denn unter dem Begriff wird uns heutzutage alles mögliche verkauft. Dabei ist es ein simples Konzept und auch überhaupt nichts Neues. Von Nachhaltigkeit sprach man schon vor hunderten von Jahren, und zwar im Bereich der Forstwirtschaft.

Das Konzept: „Fälle nicht mehr Bäume, als nachgepflanzt werden“. Man könnte auch sagen: „Esse nicht mehr Fische, als nachgeboren werden“ oder „Stoßt nicht mehr Treibhausgase aus, als aus der Atmosphäre gebunden werden“ und so weiter.

Das Problem: Wir halten uns nicht daran! Das zeigen Berechnungen von Umweltorganisationen deutlich auf: Zum Beispiel zum sogenannten Erdüberlastungstag, der immer früher im Jahr stattfindet. Der „Erdenverbrauch“ wird aktuell auf 1,75 beziffert – damit ist gemeint, dass unser Lebensstil im globalen Schnitt um die 1,75 Erden benötigen würde. Wir haben aber nur eine…

Das heißt nichts anderes, als dass wir auf Kosten der nächsten Generationen leben und konsumieren. Das ist kurzfristig gedacht und das genaue Gegenteil von nachhaltig. Denn nachhaltige Entwicklung heißt, unsere Bedürfnisse so zu erfüllen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden.

Nachhaltigkeit bedeutet Zukunftsfähigkeit.

 

Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit muss immer in drei Dimensionen gedacht werden, denn alles hängt mit allem zusammen: ökonomisch, ökologisch und sozial.

Ein Produkt oder Dienstleistung muss ökonomisch – also wirtschaftlich – funktionieren, sonst kann es auf Dauer nicht bestehen. Wir brauchen eine gesunde Wirtschaft, um Waren und Dienstleistungen herzustellen und zu verbreiten, die unsere Bedürfnisse erfüllen.

Die Ökologie beschreibt die Wechselwirkungen zwischen den Lebewesen und ihrer Umwelt, den ungestörten Haushalt der Natur. Sie ist die Grundlage für alles Leben auf unserem Planeten. Wenn wir die Natur so zerstören, dass sie sich nicht nachhaltig regenerieren kann, werden uns bald die Ressourcen fehlen, die wir zum Wirtschaften und Überleben brauchen: sauberes Wasser, Luft, Nahrungsmittel, Baustoffe und so weiter.

Der soziale Aspekt schließlich bedeutet, dass wir unseren Wohlstand nicht auf Kosten von anderen – zum Beispiel Menschen im globalen Süden oder unseren Nachfahren – erwirtschaften sollen. Hier geht es um die Achtung von Menschenrechten und die Ermöglichung von fairen Chancen für alle Menschen. Wenn wir die soziale Komponente vernachlässigen, bricht eine Gesellschaft auseinander, mit den schlimmsten Folgen (Radikalisierung, Krieg usw.).

Ein nachhaltig wirtschaftender Mensch oder Unternehmen richtet sein Handeln an diesen drei Dimensionen aus. In einer intakten Umwelt und mit einem stabilen sozialen Gefüge können Unternehmen nicht nur heute gute Gewinne erwirtschaften, sondern auch noch in Zukunft.

 

Dreiklang der Nachhaltigkeit aus Ökologie, sozialem und Wirtschaftlichkeit
Dreiklang der Nachhaltigkeit aus Ökologie, sozialem und Wirtschaftlichkeit

 

Die Vereinten Nationen (UN) haben die Dimensionen der Nachhaltigkeit in 17 nachhaltige Ziele übersetzt, die die Weltgemeinschaft bis 2030 erreichen will. Die Ziele lauten unter anderem „Hunger beenden“, „Gleichstellung der Geschlechter“, „Gute Bildungschancen für alle“, „Schutz von Leben an Land und im Wasser“, „Klimaschutz“.

Aktivitäten und Lebensstile, die auf eines oder mehrere dieser Ziele einzahlen, ohne gleichzeitig gegen ein anderes der Ziele zu arbeiten, gelten somit als nachhaltig.

 

Nachhaltigkeit nach den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen
Nachhaltigkeit nach den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen

 

Was bedeutet „nachhaltig Investieren“?

Nachhaltiges Investieren bedeutet, dass man sein Geld unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen, aber auch der sozialen und ökologischen Komponente einsetzt. Viele Jahre lang wurde bei der Beurteilung von Investments nur die ökonomische Seite berücksichtigt – eine Geldanlage sollte ein möglichst optimales Risiko- / Chancenprofil aufweisen. Soziale und ökologische Kollateralschäden wurden größtenteils ignoriert. Kirchliche Institutionen waren die ersten, die ethische Überlegungen in ihre Investitionsstrategien einfließen ließen und das Konzept der nachhaltigen Geldanlage forcierten. Erst ab den 1990er Jahren wurden auch immer mehr nicht-kirchliche Akteure in diesem Bereich verstärkt tätig.

Und wo stehen wir heute? Auf den ersten Blick sieht es gar nicht schlecht aus. In 2021 wurden allein in Deutschland bereits über 400 Mrd. Euro in als nachhaltig bezeichneten Investmentfonds und Mandaten verwaltet – der Wert hat sich seit 2011 fast verzwanzigfacht (Quelle: Statista)! Allerdings ist ein Großteil dieser Gelder noch nach weniger ambitionierten Ansätzen angelegt, die keine direkte positive Nachhaltigkeitswirkung belegen können (Quelle: FNG Marktbericht 2022).

Aber welche Ansätze für nachhaltiges Investieren gibt es überhaupt?

 

Nachhaltig Investieren: verschiedene Ansätze

Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Ansätze herausgebildet, die auch ständig weiterentwickelt werden. Dabei gibt es nicht den einen Standard für „richtig nachhaltige Investitionen“. Es ist essentiell, dass du dir Gedanken machst, was dir persönlich besonders wichtig ist, und verstehst, was ein nachhaltiges Produkt im Detail leistet. Sonst kann es schnell zu Enttäuschungen kommen.

Vielen Fondsanbietern wird derzeit „Greenwashing“ vorgeworfen, also dass sie ihre Produkte nachhaltiger dargestellt haben als sie wirklich sind. Wenn man in seinem vermeintlich grünen ETF zum Beispiel umstrittene Unternehmen aus der Ölindustrie entdeckt, kann man sich in der Tat schon wundern. Das kann aber schnell passieren, wenn dieser Fonds zum Beispiel „nur“ bestimmte Branchen wie Glücksspiel und Tabakerzeugnisse aussortiert oder sich auf „ESG-Integration“ stützt. Informiere dich also über die verschiedenen Ansätze und achte dann sehr genau auf die Produktbeschreibung, bevor du dich für eine bestimmte Anlage entscheidest.

Drei Begriffe, die oft im Zusammenhang mit nachhaltigem Investieren fallen, sind CSR, SRI und ESG:

    • CSR – Corporate Social Responsibility – ist ein Konzept, das besagt, dass Unternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung haben, die sie zum nachhaltigen Wirtschaften verpflichtet. In CSR-Berichten erzählen Unternehmen, wie sie diese Verantwortung wahrnehmen.
    • SRI – Socially Responsible Investing – bedeutet gesellschaftlich verantwortungsbewusstes bzw. ethisches Investieren. Es ist also ein Überbegriff für verschiedene Anlagekonzepte, die Nachhaltigkeit berücksichtigen.
    • ESG – Environmental, Social, Governance, zu Deutsch „Umwelt, Soziales und (gute) Unternehmensführung“. Beim ESG-Investing sollen alle drei Faktoren berücksichtigt werden. Wie dies genau geschieht, hängt wiederum vom konkreten Investment-Ansatz ab.

 

Wie kann so ein Investment-Ansatz aussehen? Hier die gängigsten Konzepte und Ansätze für „nachhaltiges Investieren“:

 

Nachhaltig investieren mit sieben verschiedenen Ansätzen
Verschiedene Ansätze für nachhaltiges Investieren

 

ESG-Integration

Ein Portfoliomanager oder Vermögensverwalter berücksichtigt verschiedene Risiken in der Auswahl von Anlagen und dem Managen des ihm anvertrauten Vermögen. Zum Beispiel Kreditrisiken und Länderrisiken. ESG-Integration bedeutet, dass nun zusätzlich auch nachhaltigkeitsbezogene Risiken in den Risikomanagementprozess aufgenommen werden. Denn mittlerweile wird anerkannt, dass Nachhaltigkeitsrisiken sich auch auf die finanzielle Performance eines Unternehmens auswirken können. Zum Beispiel können Umwelt- und Korruptionsskandale in Reputationsverlust und Geldstrafen für die Beteiligten enden – und diese wirken sich negativ auf den Aktienkurs des Unternehmens aus.

ESG-Integration heißt somit nicht, dass unbedingt in besonders grüne Unternehmen investiert wird. Auch Unternehmen „dreckiger“ Branchen, zum Beispiel der Ölindustrie, können so im Portfolio landen, wenn der Portfoliomanager das Risiko als vertretbar einschätzt.

Diese Tatsache hat für viele Missverständnisse und Greenwashing-Vorwürfe gesorgt, denn die meisten Menschen erwarten, dass in sogenannten ESG-Produkten besonders nachhaltige Unternehmen zu finden sind.

 

Ausschlüsse / Negativkriterien

Hier werden Branchen oder Länder festgelegt, in die nicht investiert werden darf. Die Klassiker sind Rüstung, Tabak, Pornographie, totalitäre Regime und weitere.

Ausschlusskriterien sind gut, um sicherzustellen, dass dein Geld nicht entgegen deiner Werte und Grundüberzeugungen eingesetzt wird. Du solltest aber genau auf die Umsetzung schauen. Beispiel „Rüstung“: Werden nur die Hersteller von geächteten Waffen ausgeschlossen, oder auch die von sogenannten Sportwaffen? Nur herstellende Unternehmen, oder auch Lieferanten dieser Unternehmen, oder die, die die Waffen verkaufen? Gibt es eine Umsatzgrenze, unter der ein Unternehmen nicht ausgeschlossen wird? Was ist dir wichtig, was hältst du für vertretbar?

 

Positivkriterien

Im Gegensatz zu Negativkriterien geht es hier darum, festzulegen, in was investiert werden soll – nachhaltige Themen und Branchen wie zum Beispiel ökologische Landwirtschaft, erneuerbare Energien und Umwelttechnik. Oder soziale und ökologische Vorreiter in einer bestimmten Branche.

 

Normbasiertes Screening

Hier werden potenzielle Investitionsobjekte überprüft, um festzustellen, ob sie gegen bestimmte international anerkannte Normen verstoßen und deswegen nicht für das Portfolio in Frage kommen. Eine der prominentesten Normen ist der UN Global Compact, der Prinzipien zum Schutz der Umwelt, der Menschen- und Arbeiterrechte, dem Kampf gegen Kinderarbeit und Korruption festlegt.

 

Best-in-class

Der Best-in-class Ansatz sieht vor, aus jedem Industriesektor die besten Unternehmen auszuwählen. So zum Beispiel die Energieunternehmen, die gemessen an ihren Wettbewerbern die „besten Nachhaltigkeitsleistungen“ erbringen. Dafür werden verschiedenste Daten zu sozialen, ökologischen und Governance-Kriterien ausgewertet, wie etwa Energieeffizienz, Umweltmanagement, Anteil an Frauen im Top-Management und viele weitere.

Im Idealfall spornt der Best-in Class Ansatz die Unternehmen aller Branchen an, an ihrer Nachhaltigkeitsleistung zu arbeiten, um gut in ihrer Vergleichsgruppe dazustehen.

Welche Daten genau in die Analyse fließen und wie sie verarbeitet und gewichtet werden, ist aber für den Endkunden nicht so leicht zu verstehen. Und natürlich können bei diesem Ansatz auch Unternehmen aus sehr „unnachhaltigen“ Branchen berücksichtigt werden.

Ein weiterer Kritikpunkt: Viele Best-in-Class-Produkte konzentrieren sich auf Großkonzerne, kleine und mittlere Unternehmen bleiben nicht selten außen vor, auch weil sie weniger Kapazitäten haben, um umfangeiche ESG-Daten zur Verfügung zu stellen. Gerade Unternehmen aus dem Mittelstand sind aber nicht selten Innovationstreiber bei umweltfreundlichen Technologien.

 

Impact

Impact Investing ist die nachhaltigste Form, sein Geld anzulegen. Denn hier kommt es darauf an, das Geld so einzusetzen, dass es eine konkrete und messbare positive Wirkung erzeugt. Additionalität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der positive Effekt ohne das Investment nicht erreicht worden wäre.

Beispiel: Du finanzierst direkt den Ausbau von erneuerbaren Energien, die Umrüstung auf ein umweltfreundliches Verfahren, die Entwicklung einer ökologischen oder sozialen Innovation usw.

 

Engagement & Voting

Beim Engagement Ansatz versucht der Investor, auf das Unternehmen Einfluss zu nehmen, um es zum nachhaltigeren Handeln zu bewegen. Entweder im direkten Gespräch mit der Unternehmensleitung oder durch Ausübung seiner Stimmrechte („Voting“). Erfüllt das Unternehmen die Ansprüche nicht, verkaufen konsequente Investoren ihre Anteile wieder (sogenanntes Engagement betreiben meist Verwalter von großen Vermögen wie Pensionskassen oder Manager von ökologischen Fonds, da sie im Vergleich zum einzelnen Privatanleger einen viel größeren Hebel haben, bei der Unternehmensleitung etwas zu bewirken).

 

Eine Anlagestrategie kann einen oder mehrere dieser Ansätze befolgen. Vertraust du dein Geld einem Vermögensverwalter an, wird in seinem Mandat festgelegt, ob und nach welchen Kriterien Nachhaltigkeit berücksichtigt werden soll. Gehst du zu einem Anlageberater, muss er deine Nachhaltigkeitspräferenzen abfragen und dir geeignete Produkte empfehlen. Kaufst du einen Fonds, der sich als „nachhaltig“ bezeichnet, muss im Verkaufsprospekt der Nachhaltigkeitsansatz erklärt werden.

 

Nachhaltigkeit im Finanzsektor: Das tut der Gesetzgeber

Bis 2050 will Europa klimaneutral sein – das heißt, dass nicht mehr CO2 ausgestoßen wird, als wieder gebunden werden kann. Außerdem soll gegen die Umweltzerstörung und den Verlust der Biodiversität angegangen werden. Die Erreichung dieser Ziele kostet viele Milliarden. Deswegen spielt der Finanzsektor aus Sicht der EU-Kommission eine entscheidende Rolle. In 2021 hat die Kommission ihre „Sustainable Finance Strategie“ verabschiedet, einen Aktionsplan, um möglichst viele private Investitionen in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten umzuleiten.

Dafür gibt es unter anderem neue Vorgaben, um als „nachhaltig“ vermarktete Produkte besser untereinander vergleichen zu können. Produktanbieter müssen ihren Nachhaltigkeitsansatz detailliert beschrieben, Anlageberater sollen im Kundengespräch gezielt das Thema Nachhaltigkeit ansprechen und den Kunden nach seinen Präferenzen beraten.

Außerdem spielt die Taxonomie eine große Rolle. Die Taxonomie soll ein Klassifizierungssystem sein, mit dem man bewerten kann, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist. Dafür gibt es festgelegte Kriterien. Eine Tätigkeit zum Beispiel, die zum Klimaschutz beiträgt, kein anderes ökologisches Ziel maßgeblich verletzt und bestimmte soziale Mindeststandards einhält, ist im Sinne der Taxonomie nachhaltig.

Leider wurden im Juli 2022 unter heftigen Protesten sowohl Atomkraft als auch Erdgas auf politischen Druck hin als nachhaltig eingestuft. Das hat der Glaubwürdigkeit der Taxonomie massiv geschadet, und Anleger, die ihr Geld wirklich grün investieren wollen, werden sich nicht mehr ausschließlich auf den Stempel „Taxonomie-konform“ verlassen wollen. Es ist zu erwarten, dass mehr und mehr „grüne Finanzprodukte“ auf den Markt kommen. Was im Einzelnen drin steckt, solltest du dir aber auch in Zukunft genau ansehen.

 

Wenn du tiefer ins Thema einsteigen möchtest, lies hier weiter:

Geld nachhaltig anlegen – Leitgedanken

Nachhaltig investieren – konkret mit Hand- und Fußabdruck