Nachhaltig investieren Teil 2 – Leitgedanken
Wie kann ich konkret Geld nachhaltig anlegen, und woher weiß ich, dass ein Produkt wirklich nachhaltig ist? Diese Frage treibt viele Menschen um, die sich in das Thema einlesen und merken, wie vielschichtig es ist.
Dieser Artikel ist der zweite Teil unserer kleinen Serie zum Thema Nachhaltiges Investieren:
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- In Teil 1 erklären wir die ganzen Begrifflichkeiten und Abkürzungen rund um nachhaltige Geldanlagen und fassen zusammen, welche Ansätze im Moment verfolgt werden.
- In diesem Teil 2 machen wir uns ein paar übergreifende Gedanken darüber, wie man an das Thema rangehen könnte, um Geld nachhaltig anzulegen.
- In Teil 3 unserer Serie werden wir die gängigsten Optionen und Produkte für Kleinanleger vorstellen und darauf eingehen, was sie nachhaltig oder weniger nachhaltig macht.
Aber jetzt mal los mit unseren Leitgedanken zum Thema „nachhaltige Geldanlage“:
Inhaltsverzeichnis
Nachhaltige Geldanlagen – in aller Munde und doch so wenig verstanden
Nachhaltige Geldanlage (auch: „Sustainable Investment“, „Grüne Geldanlage“ und so weiter) ist mittlerweile ein Buzzword, um das sich Mythen und Missverständnisse ranken. Es gibt kaum einen Finanzdienstleister mehr, der nicht offensiv mit Nachhaltigkeit wirbt. Fast könnte man meinen, die Banken retten im Alleingang die Welt. Auf der anderen Seite häufen sich die Greenwashing-Vorwürfe. Kritiker bezeichnen ESG-Produkte als reine Augenwischerei, durch die der Kunde zwar ein gutes Gewissen vermittelt bekommt, die aber keine reale positive Wirkung haben.
Was stimmt denn nun? Kann man sich den ganzen Aufwand sparen? Wie bei so vielen Dingen liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen, denn es gibt nicht DIE nachhaltige Geldanlage, sondern verschiedene Ansätze, Ausprägungen und Umsetzungsgrade.
Fest steht: Es wird einen riesigen Einfluss auf das Wohlergehen der Menschheit haben, wie finanzielle Mittel in den nächsten Dekaden aufgeteilt werden – ob sie in nachhaltige oder nicht nachhaltige Geschäftsmodelle und Projekte fließen. Deshalb sollte jeder anstreben, sein Geld nachhaltig anzulegen.
Man muss sich aber vom Gedanken an eine allzu einfache Lösung verabschieden. Denn Nachhaltigkeit kann an so vielen – zum Teil konkurrierenden – Komponenten festgemacht werden, dass es nicht immer möglich sein wird, alles unter einen Hut zu bringen. Und Greenwashing ist tatsächlich ein Problem, mit dem wir uns auch in Zukunft herumschlagen werden.
Wie gelingt es also einer Privatperson wie dir, eine nachhaltige Geldanlage zu finden, die hält, was sie verspricht, auch mit deinen persönlichen Werten vereinbar ist und möglichst sogar eine positive Wirkung entfaltet?
Wie wollen wir nachhaltige Geldanlage definieren?
Hier kommt oft schon der erste Einwand: Eine nachhaltige Geldanlage gebe es gar nicht. Schließlich investieren wir in wirtschaftliche Aktivitäten. Egal, wie umweltbewusst diese gestaltet werden, sind sie für die Natur immer schädlicher, als wenn man sie ganz einstellen würde. Das stimmt sicherlich für die allermeisten Fälle.
Aber lass uns das auf andere Lebensbereiche übertragen, zum Beispiel die Bekleidung: Stell dir jemanden vor, der statt der durchschnittlichen 60 Kleidungsstücke im Jahr nur fünf kauft. Diese gebraucht oder von fairen, zertifizierten Marken. Natürlich würde dieser Mensch die Umwelt noch weniger belasten, wenn er gar keine Kleidung kaufen würde – und trotzdem würden wir ihm kaum absprechen wollen, dass er mit seinen wenigen sorgfältig ausgewählten Kleidungsstücken bereits ziemlich nachhaltig unterwegs ist.
So ist das auch bei der Geldanlage. Das perfekte Produkt wird man nicht finden, zumal hier noch andere wichtige Aspekte – nämlich die Renditeerwartung und das (finanzielle) Risiko – reinspielen. ABER: Das ist kein Grund, gar nichts zu machen oder sich mit Minimalansprüchen zufrieden zu geben. Es gibt nämlich tatsächlich „tiefgrüne“ Investment-Produkte mit hohen Nachhaltigkeitsstandards von sehr engagierten Anbietern, auch wenn man sie derzeit noch mit der Lupe suchen muss.
Fußabdruck und Handabdruck
Fußabdruck und Handabdruck sind anschauliche Konzepte, die uns helfen können, wirklich jeden Lebensbereich nachhaltiger zu gestalten.
Fußabdruck bedeutet die (negative) Auswirkung, die etwas auf die Umwelt oder Gesellschaft hat, also zum Beispiel der Ressourcenverbrauch. Es gilt, den Fußabdruck zu minimieren: möglichst wenig Treibgase, möglichst wenig Verbrauch von Wasser, möglichst weitgehender Verzicht auf Plastik. Aber auch faire Bezahlung, der Abbau von Ungleichheiten, der Verzicht auf illegale oder schädliche Geschäftspraktiken (Stichwort gute Unternehmensführung). Und viele mehr.
Handabdruck meint, welche zusätzlichen positiven Effekte kannst du erreichen? Der Zubau von alternativen Energien ist ein gutes Beispiel für einen positiven Handabdruck. Aber es muss sich gar nicht um eine Investition im klassischen Sinn handeln.
Stell dir vor: Du planst deine Hochzeit. Im Vorfeld machst du dir viele Gedanken um Garderobe, Verpflegung, Gastgeschenke und Einladungen. Du vermeidest Plastik, benutzt Recycling-Papier, leihst dir dein Brautkleid, statt es zu kaufen und bestellst bei einem Bio-Caterer. Durch diese konkreten Entscheidungen stellst du sicher, dass der Fußabdruck für dein Fest im Rahmen bleibt.
Als Location wählst du euren Garten und bei der Gelegenheit investierst du in ein paar neue Beete mit insektenfreundlicher Bepflanzung. Statt Geschenken wünscht ihr euch von den Gästen, dass sie an eine Stiftung für Kinder in Not spenden. Hier hast du deinen positiven Handabdruck – nämlich einen ökologischen (Artenvielfalt) und einen sozialen (Unterstützung benachteiligter Kinder)!
Dieses Prinzip lässt sich auf jeden Lebensbereich und jede Entscheidung, die wir im Laufe unseres Lebens treffen, anwenden. So auch auf die Entscheidung, in was wir unser Geld stecken.
Allerdings: Konflikte zwischen einzelnen Zielen kann und wird es geben. Und damit die Notwendigkeit, wohl überlegte Kompromisse einzugehen. Um beim Beispiel oben zu bleiben: Es kann sein, dass das Anlegen neuer Beete erst Mal deinen Fußabdruck „verschlechtert“, weil dafür Materialien und Energie verbraucht werden. Langfristig überwiegt aber deutlich der positive Nutzen.
Wenn wir unser Handeln nachhaltig ausrichten wollen, ist unser erster Schritt, festzustellen, welche positiven und negativen Auswirkungen verschiedene Optionen der Umsetzung haben. Und dann eine zu wählen, bei der die positive Wirkung klar überwiegt.
Was kann uns dabei helfen?
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- Information: Je mehr du über die positiven und negativen Auswirkungen einzelner Produkte, Dienstleistungen oder Handlungsoptionen weißt, desto besser bist du in der Lage, die gewünschte, nachhaltige Entscheidung zu treffen. Um gut und möglichst breit informiert zu sein, hilft es IMMER, Information aus mehreren Quellen zu beziehen, und auch zu bedenken, welche eigenen Interessen diese Quellen haben könnten.
- Pragmatismus: Je mehr Informationen man bekommt, desto mehr kann man den Eindruck gewinnen, dass eigentlich jede Entscheidung irgendwie falsch und schädlich ist. Lass dich nicht entmutigen. Es ist viel besser, eine unperfekte Entscheidung bewusst zu treffen (du kannst sie auch immer noch korrigieren), als einfach die Marketingabteilungen von Konzernen für dich denken zu lassen.
- Gesunder Menschenverstand: Mittlerweile stellt sich fast jedes Unternehmen, inklusive Ölmultis, Großbanken und Rüstungsindustrie, als Nachhaltigkeitschampion dar. Naja. Selbst wenn diese Akteure (zunehmend) grüne Produkte vorantreiben, hängen sie zu großen Teilen noch an ihrem alten, schädlichen Geschäftsmodell. Ein aktuelles Beispiel: Der Ölkonzern Total. Total wirbt auf seiner Website mit regenbogenfarbenen Windrädern damit, ein „Multi-Energie Unternehmen“ zu sein. Tatsächlich bauen sie eine fast 1.500 km lange beheizte Pipeline, die in wenigen Jahren Unmengen an neu erschlossenem Erdöl quer durch verschiedene Nationalparks von Uganda an den Indischen Ozean transportieren wird. Und nach wie vor stecken Banken – auch deutsche – riesige Geldsummen in fossile Energien.
Du kannst und musst nicht im Alleingang alle Probleme der Welt lösen. Mache es dir einfach zur Gewohnheit, den Fuß- und den Handabdruck bei jeder kleinen und großen Entscheidung, die ansteht, zu berücksichtigen. Wenn immer mehr Menschen das tun, sind wir schon einen riesigen Schritt weiter. Und das Beste: Wir können uns immer neu entscheiden und haben jeden Tag die Chance, ein positives Zeichen zu setzen.
Wie das Konzept von Hand- und Fußabdruck bei der Auswahl von nachhaltigen Geldanlagen konkret helfen kann, zeigen wir in Teil 3 dieser Serie.
Wir wünschen dir ein glückliches Händchen und einen möglichst positiven Handabdruck bei deinen Entscheidungen!
Dein Zukunft Schenken Team