Musk Trump Porträt

Wie viel Trump steckt in deinem Depot?

Eine anstrengende Woche liegt hinter uns. Die Nachrichten überschlagen sich. Trump ist zurück – radikaler, gefährlicher und destruktiver als je zuvor. Europa ist entsetzt, erstarrt in Angst.

Neben der Sorge um Demokratie und Sicherheit wird auch fleißig analysiert, wie gut oder schlecht Trump für die Aktienmärkte ist. Eine Sache kommt aber in diesen Diskussionen viel zu kurz:

💰 Wenn du wie viele deutsche Anleger Aktien von Nvidia, Meta oder anderen Big-Tech-Titeln hältst oder einfach „breit gestreut“ einen der beliebten MSCI-World-ETFs besparst, hast du dich sicher über die großartige Performance in den letzten Jahren gefreut

💰 Fakt ist jedoch: Während wir mit Unverständnis und Abscheu auf Trump blicken, fließt unser Kapital weiterhin ungebremst in das System, das ihn und seine Ideologie stützt

 

Der Journalist Dieter Schnaas formuliert es in der Wirtschaftswoche so:

„Es grenzt spätestens nach Trumps Machtübernahme an volkswirtschaftlicher Selbstverletzung, wenn deutsche Anleger weiter ihr Geld in amerikanische Plattformunternehmen und Börsen tragen. Wir zementieren einen Macht-Geld-Komplex … und eine Aktienrente unter Einschluss von US-Titeln prämierte die Selbstentmachtung Europas.“

Nachdem nun Jahre lang Verbraucherschützer, Finfluencer & Co die Vorzüge der „Welt-ETFs“ propagiert haben, lohnt sich spätestens jetzt ein harter Blick auf das große Ganze – jenseits der „Rendite sticht“ Maximen und der „ESG screened“ Beruhigungspillen.

 

Wie viel „Trump-Amerika“ steckt in meinem ETF?

Eigentlich offensichtlich, und doch vielen Kleinanlegern, die eher zufällig zu ihren ETFs gekommen sind, nicht bewusst: „Welt“ heißt zum Beispiel beim beliebten MSCI World so viel wie „USA plus“.

 

👉 Ein Blick auf die derzeitigen Top 10 in einem ETF, der diesen Index nachbildet, offenbart: Hier tummeln sich – ähnlich wie auf der Trump Vereidigung – die Tech Overlords in der ersten Reihe.

Die Top 10 Unternehmen im MSCI World ETF

 

 

👉 Beim „nachhaltigen“ MSCI World ESG Screened“ UCITS ETF von iShares sieht es genauso aus:

Die Top 10 Unternehmen im MSCI World ESG Screened ETF

 

 

➡️ Zwischenfazit: Mit dem, was in den letzten Jahren mehrheitlich als „nachhaltiger ETF“  über die Ladentheke ging, hast du vielleicht keine Öl- und Tabakkonzerne im Depot. Wohl aber zum Beispiel die Herren Zuckerberg und Musk, die eifrig zur Destabilisierung der europäischen Demokratien beitragen.

Den meisten Anlegern, die sich bewusst für eine nachhaltige Variante für ihre ETFs entschieden haben, dürfte es nicht gefallen, so stark in wirtschaftlichen Machtstrukturen investiert zu sein, die Trump und seine Agenda überhaupt erst möglich machen.

 

Was sind unsere Optionen?

 

📌 Augen zu und weiter so? Gerne wird darauf verwiesen, dass man mit dem Kauf bzw. Verkauf von Aktien am Sekundärmarkt sowieso keine direkte Wirkung erzielt. Da kann man doch guten Gewissens die Rendite mitnehmen? Aber erstens geht es Käufern von grünen ETFs ja meist genau darum – nicht in Firmen investiert sein, die komplett gegen ihre Werte stehen. Und zweitens müssen wir uns wohl ernsthaft fragen, zu welchem Preis diese Rendite entsteht (siehe oben). Wie sicher ist unser Wohlstand langfristig, wenn wir uns in derartige Abhängigkeiten begeben und quasi wehrlos dastehen?

 

📌 Dann lieber gar nicht investieren? Das ist keine Option. Gerade mit Blick auf die nächsten Jahre, gerade in einer sich immer unsicherer anfühlenden Welt lautet das Zauberwort Resilienz – die Entwicklung von Widerstandsfähigkeit. Dabei hilft uns auch der Aufbau privater finanzieller Reserven – jedenfalls mehr, als achselzuckend-resignierter Konsum.

 

📌 USA pauschal aus dem Portfolio schmeißen, nur noch europäische Unternehmen? Oder sogar auf Themeninvestments setzen, einzelne „gute“ Branchen herauspicken? Auch das wäre wenig zielführend. Ein gutes Basisinvestment braucht eine globale Diversifikation.

 

➡️ Stattdessen  sollten wir anerkennen: „Echte  Nachhaltigkeit“ ist keine Illusion, aber sie hat einen Preis.  Sie wird da erreicht, wo wir es wollen, genau hinsehen und auch bereit sind, die ein oder andere Extra-Meile zu gehen.

Die Wandlung von Musk vom angehimmelten Clean-Tech Messias zum sinisteren Polit-Agitator lehrt uns: Es reicht nicht, pauschal einzelne Branchen auszuschließen und uns dabei gut zu fühlen. Wir sollten uns die Mühe machen, wieder verstärkt in die einzelnen Unternehmen zu schauen – Wer sitzt da eigentlich am Hebel und was gibt der so von sich? – und uns dabei nicht einfach auf externe ESG-Ratings verlassen.

Und dann heißt es dranbleiben, denn: Die Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft passiert in vielen kleinen, oft mühsamen Schritten. „Stewardship“ lautet hier das Zauberwort – die Bemühungen der Aktionäre also, das Unternehmen im Dialog mit dem Management in die richtige Richtung zu lenken.

Mit Sicherheit müssen wir dann immer noch Kompromisse machen, um kurzfristige Renditeerwartung und langfristige Überlegungen,  Diversifikation und  Wertehaltung auszubalancieren. Aber so erlangen wir wieder mehr Kontrolle und Bewusstsein – über unser Geld und die Frage, welche Art der Wirtschaft wir mitgestalten wollen.

 

➡️ Schauen wir beispielhaft in zwei nachhaltige Fonds, die diesen Ansatz (Stock Picking plus Stewardship) verfolgen – denn auch hier gibt es natürlich Abstufungen, und jeder Anleger wird individuell entscheiden müssen, wie weit er sein Portfolio von der US Tech Dominanz lösen will.

 

👉 Zunächst einmal einer der ältesten nachhaltigen Fonds, der Swisscanto Sustainable Equity. Ein Blick auf die Top 10 Unternehmen zeigt, woher die gute Performance der letzten Jahre kam. Auch dieser Fonds ist stark in US Tech investiert. Jedoch immerhin kein Tesla und Meta.

Die Top 10 Unternehmen im Swisscanto Sustainable Equity Fonds

 

👉 Deutlich weniger US Exposure (nur ca. 30 % im Vergleich zu 70% oder mehr bei den oben genannten) hat dieser Fonds (Ethius Global Impact), hier die Top 10 Positionen:

Die Top 10 Unternehmen im Ethius Global Impact Fonds

Hier ist nichts von den üblichen Plattform-Oligarchen zu sehen, denn er enthält ausschließlich Aktien aus dem nachhaltigen „Global Challenges Index„. Natürlich kostet so ein Fondskonzept in diesen Zeiten Performance.  Auf lange Sicht hat sich der Global Challenges Index allerdings mit einer durchschnittlichen Rendite von ca. 8 % p.a. sehr ordentlich entwickelt.

 

Fazit

👉 Menschen, die sich über Trump und Musk empören, sollten auch schauen, was in ihren Depots liegt

👉 Es gibt Alternativen, aber sie haben ihren Preis. Den Status Quo zu zementieren mit Blick auf Komfort und schnelle Rendite hat allerdings auch einen (meiner Meinung nach noch größeren und bitteren) Preis

👉 Mehr Nachhaltigkeit und auch mehr Ethik in Geschäftsmodelle zu bringen, ist Handarbeit – es geht nicht ohne genaues Hinschauen, Dranbleiben und Hinterfragen. Wer das alleine nicht leisten kann oder will, kann andere dafür bezahlen (siehe oben, aktiv gemanagte anspruchsvolle Fonds kosten mehr Managementgebühr als ein ETF)

 

🌍 „An den Börsen wird die Zukunft gehandelt“, heißt es so schön. Nun, welche Zukunft wünschen wir uns für uns und unsere Kinder?