Circular Economy – warum sie uns retten wird
Bei Zukunft Schenken sind wir der Meinung, dass das Konzept der Kreislaufwirtschaft – der „Circular Economy“ – ein enormes Potenzial hat. Allerdings nur, wenn es ernsthaft und konsequent umgesetzt wird! Kreislaufwirtschaft ist viel mehr als Recycling, und erfordert ein grundsätzliches Umdenken darüber wie wir Produkte herstellen, nutzen und entsorgen.
In diesem Beitrag möchten wir euch einen kurzen Abriss geben über die Probleme, die die lineare Wirtschaft uns gebracht hat, und die Lösungen, die eine Kreislaufwirtschaft uns bietet. Und um das Ganze konkret zu veranschaulichen, stellen wir euch ein kleines Unternehmen vor, dass viele Prinzipien der Kreislaufwirtschaft bereits in seinem originären Geschäftsmodell mitgedacht hat (Hinweis: Es handelt sich hierbei um eine unbezahlte und unaufgeforderte Nennung des Unternehmens – wir finden es einfach ein super Beispiel und lieben das Geschäftsmodell 😊).
Inhaltsverzeichnis
Das Problem mit dem linearen Wirtschaftsmodell
Was hat uns eigentlich in diese verzwickte Lage gebracht? Unser Planet ist am Limit, wir Menschen werden immer mehr, die Natur, die uns ernährt und unser Leben überhaupt ermöglicht, immer weniger. Unsere Lebensweise verbraucht schlicht und ergreifend viel zu viele natürliche Ressourcen. Unsere Wirtschaft basiert auf linearen Prozessen: Rohstoffe abbauen, zu Gütern verarbeiten, konsumieren, wegwerfen.
Der Abbau erfolgt unter höchst problematischen Bedingungen. Und in solchen Mengen, dass es schier unmöglich ist, dass sich diese Ressourcen mittelfristig regenerieren. Denn auch „grüne“ Rohstoffe wir Holz zum Beispiel, können nicht endlos und in beliebiger Menge nachwachsen.
Die Verarbeitung ist ebenso umweltbelastend. Beispiel Modeindustrie: Bis zu 20.000 verschiedene Chemikalien werden für die Herstellung von Textilien genutzt, landen vielfach in ungeklärten Abwässern. Die Herstellung von nur einem T-Shirt aus Baumwolle verbraucht im Schnitt 2.700 Liter Wasser! Das Problem ist bereits im Design der Produkte angelegt: Viel zu viele (giftige) Stoffe, die verarbeitet werden müssen. Absichtlich kurzlebig gebaute Produkte, die schnell kaputt gehen oder schnell „aus der Mode kommen“ – damit schneller nachgekauft wird. Und viele Dinge sind so designed, dass sie kaum oder nicht recyclebar sind. Etwa viele Verbundstoffe, wo verschiedene Materialien (zum Beispiel Kunststoffe oder Alu auf Pappe) verklebt werden und sich so schlecht trennen lassen.
Beim Konsumieren gibt es seit Jahrzehnten nur noch eine Richtung: mehr, schneller und kürzer. Mittlerweile gilt es schon als nachhaltig, ein Kleidungsstück mehr als 8 Mal (!) zu tragen. Wir schmeißen Dinge immer schneller weg und kaufen nach. Kein Wunder: Eine übermächtige Werbeindustrie suggeriert uns tagtäglich, was wir angeblich alles brauchen. Reparieren kostet mehr, als neu zu kaufen.
Was passiert mit den Dingen, die wie wegwerfen? Die wenigsten werden recycelt, sprich, in ein gleichwertiges Produkt verwandelt. Der meiste Müll wird tatsächlich verbrannt oder vergraben. Oder – noch schlimmer – landet in den Weltmeeren. Um beim Thema Kleidung zu bleiben: 70 % der produzierten Textilien sind heutzutage aus Mikrofaser – sprich Plastik. Durch Abnutzung beim Tragen und Waschen gelangt es als Mikroplastik in rauen Mengen in die Umwelt.
Die Probleme der linearen Wirtschaftsweise sind also:
- Falsche Preisgestaltung bei den Rohstoffen – wenn die tatsächlichen Umwelt- und sozialen Kosten eingepreist würden, wären die meisten Ressourcen um ein Vielfaches teurer
- Schlechtes Design
- Die falschen Werkstoffe
- Ressourcenintensive (Über-) Produktion, zu viel Ausschuss
- Viel zu kurze Nutzung durch schlechte Qualität, fehlende Reparierbarkeit, falsche preisliche Anreize, mangelnde Wertschätzung
- Schlechte oder fehlende Recyclebarkeit
In Kreisläufen denken
Es ist kein Zufall, dass die Natur in Kreisläufen funktioniert. Pflanzenwachstum und Bodenbildung, Nährstoffaufbau und -abbau, Wasser… all das ist zirkulär organisiert. In der Natur gibt es keine Abfälle. Und so ist es auch die Natur, die uns den Weg aus der linearen Krise weist.
Bei der Circular Economy geht es darum, Rohstoffe möglichst sparsam und vollständig zu nutzen, möglichst lange im Kreislauf zu halten, und dafür zu sorgen, dass unvermeidbare Abfälle schnell und ohne schädliche Nebenwirkungen abgebaut werden können.
Dafür reicht es nicht, in der Produktion erneuerbare Energien einzusetzen, etwas weniger Wasser oder Giftstoffe. Vielmehr muss das Geschäftsmodell so gestrickt sein, dass alle Phasen des Kreislaufs bereits mitgedacht sind. Wie das aussehen kann, zeigen wir euch an einem Beispiel aus Brandenburg: Baumwollbaby.
Ein Beispiel wie es gehen kann
Baumwollbaby ist ein kleines Unternehmen, das Babykleidung zur Miete im Online-Versand anbietet. Das ganze Geschäftsmodell ist auf Kreislauffähigkeit ausgerichtet:
Design & Herstellung:
- Nur bei Funktionskleidung wie Schwimmanzüge wird mit recycelten Mikrofasern gearbeitet. Ansonsten wird ausschließlich Kleidung aus Naturfasern angeboten (Baumwolle, Wolle, Leinen). Das Thema Mikroplastik ist hiermit erledigt. Denn es ist immer besser, Schädliches von vorn herein wegzulassen, statt später unter großem Aufwand zu versuchen, die Schäden zu beseitigen.
- Die Kleidungsstücke sind in Bioqualität, unter anderem bedeutet dies keine synthetischen Pestizide im Anbau. Außerdem werden sie von kleinen, fairen Labels in Europa hergestellt, statt in Billiglohnländern. Die Gründerin achtet auf strenge Qualitätssiegel (zum Beispiel den GOTS-Standard), und zwar für die gesamte Produktpalette. Modeketten bringen dagegen gerne mal mit viel Publicity eine Kollektion in Bio-Qualität raus, die aber nur einen kleinen Teil des Gesamtangebots ausmacht (übrigens eine klassische Greenwashing-Praktik).
Vertrieb / Distribution
- Kostenlose Retouren sind ein Problem im Online-Versand, weil dadurch viel mehr Ware bestellt und hin und her geschickt wird, was die Emissionen in die Höhe treibt. Baumwollbaby hat sich für eine abgestufte Preisregelung bei den Versandkosten entschieden, um Retouren soweit wie möglich zu reduzieren.
- Für den Versand werden Kartons so oft es geht wiederverwendet. Das Unternehmen geht sogar so weit, seine Kunden aufzufordern, nicht benutzte Retourenscheine zurückzusenden. Auch auf die Kleinigkeiten kommt es nämlich an.
Nutzung
- Durch das Mietmodell bleiben die Kleidungsstücke viel länger im Kreislauf, als wenn die Familien sie kaufen würden. Ein Body kann so zum Beispiel von bis zu 20 Babys getragen werden!
- Das Unternehmen reinigt getragene Kleidung umweltfreundlich und lässt kaputte Stücke nach Möglichkeit reparieren. So können sie länger gemietet und meist zum Ende als „pre-loved“ Einzelstücke noch zum Verkauf angeboten werden.
Entsorgung
- Da das Unternehmen konsequent auf Naturfasern setzt, ist zum Schluss auch ein Recycling oder eine umweltfreundliche Entsorgung viel leichter möglich, als dies bei Kunstfasern der Fall wäre.
Learnings
Das Modell von Baumwollbaby gefällt uns auch deshalb so gut, weil es wichtige Erkenntnisse für die Nachhaltigkeitsdebatte verdeutlicht:
- Nachhaltigkeit muss man sich leisten wollen. Ganz billig geht es eben nicht. Es ist ein Skandal, dass nach wie vor umweltschädliche Produkte (zum Beispiel auf der Basis von fossilen Rohstoffen, siehe Plastik) billiger produziert werden können als umweltfreundlichere Alternativen. Hier wäre die Politik gefragt, endlich ernsthaft gegenzusteuern. Aber…
- Nachhaltigkeit können sich weit mehr Menschen leisten, als gemeinhin angenommen wird, dann nämlich, wenn innovative Geschäftsmodelle eingesetzt werden und sich neue Denkmuster durchsetzen. Mieten statt kaufen bringt nicht nur enorme Ressourceneinsparungen, sondern auch einen konkreten Preisvorteil für den Konsumenten. So werden hochwertige Produkte durchaus erschwinglich für die breite Masse.
- Ein wirklich nachhaltiges Produkt muss vom Anfang bis zum Ende gedacht werden. Nur einen Sticker mit „Klimaneutralität“ auf ein Produkt zu kleben, bringt uns nicht weiter.
- Innovation gelingt oft leichter, wenn man etwas ganz neu aufbaut. Die großen Konzerne haben zwar theoretisch einen riesigen Hebel, da sie große Mengen an Produkten herstellen und unter die Leute bringen. Sie sind aber noch in ihren alten Geschäftsmodellen verhaftet und tun sich aus unterschiedlichen Gründen schwer, sich aus der linearen Wirtschaft zu verabschieden. Sogenannte Pure Player – Unternehmen mit einem kerngrünen Geschäftsmodell – sind ihnen hier meilenweit voraus.
Ob sich die Pure Player durchsetzen und gegen die Marktmacht der Konzerne bestehen können – wir werden es sehen. Jeder Einzelne sollte jedenfalls gut abwägen, wen und was er mit seinem Geld unterstützen möchte.
Wenn ihr gerne in Pure Players investieren wollt, werdet ihr bei unseren Fonds fündig.
Wenn ihr mehr zum Unternehmen Baumwollbaby wissen möchtet, findet ihr hier ihre Seite.