Frau prüft ihre Finanzen

Nachhaltige Geldanlage: Artikel 6, 8 und 9 Fonds kurz erklärt

Wenn du dich bereits mit nachhaltigem Investieren beschäftigt hast, bist du wahrscheinlich schon auf die Begriffe „Artikel 8“ und „Artikel 9“ gestoßen. Wenn du genau wissen möchtest, was es damit auf sich hat, ist dieser Beitrag für dich. Wenn du zuerst nachlesen willst, wie ein Fonds funktioniert, lies hier weiter.

 

Der EU Green Deal

2019 präsentierte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den „Green Deal“ – ein Maßnahmenpaket, um Europa bis 2050 klimaneutral zu machen und den Artenverlust umzukehren. Dafür muss die Energieversorgung und das Transportwesen umgebaut werden, wir brauchen eine Ernährungswende, Bestandsbauten müssen saniert werden, der Übergang zur Kreislaufwirtschaft muss beschleunigt werden und noch einiges mehr. Und all das kostet sehr viel Geld.

Nur ein Teil dieses Geldes kann aus öffentlichen Mitteln kommen. Der Rest soll mit privaten Investitionen gedeckt werden. Deswegen gibt es auch einen EU-Aktionsplan zu Sustainable Finance – also nachhaltige Finanzierung – mit verschiedenen Gesetzesinitiativen. Und eine dieser Gesetzesinitiativen ist die EU-Offenlegungsverordnung.

 

EU-Offenlegungsverordnung (SFDR)

Mit der EU-Offenlegungsverordnung (zu englisch Sustainable Finance Disclosure Regulation = SFDR) sollen Finanzmarktteilnehmer (= Anbieter von Finanzprodukten, Vermögensverwalter, Anlageberater) dazu gebracht werden, die Nachhaltigkeit ihrer Produkte oder Dienstleistungen dem Kunden transparent darzustellen. So sollen die Kunden besser vergleichen können und in die Lage versetzt werden, sich für nachhaltige Optionen zu entscheiden.

Die Verordnung betrifft somit unter anderem Anlageprodukte wie Fonds (inklusive ETFs). In den offiziellen Produktdokumenten müssen die Fondsgesellschaften erklären, ob und wie Nachhaltigkeitsaspekte in das Fondsmanagement einbezogen werden. Aus den Anforderungen hat sich eine Einteilung von Fonds ergeben, die sich im allgemeinen Sprachgebrauch als „Artikel 6“- „Artikel 8“-  und „Artikel 9“ – Fonds etabliert hat.

 

Artikel 6 der Offenlegungsverordnung: Das müssen alle tun

Laut Artikel 6 müssen die Fondsanbieter erklären, ob und wie sie Nachhaltigkeitsrisiken beim Management des Fonds einbeziehen, und wie sich Nachhaltigkeitsrisiken auf die Rendite auswirken könnten. Diese Pflicht trifft alle Fonds, auch die, die sich nicht als nachhaltig vermarkten. Daher nennt man die „normalen, nicht nachhaltigen“ Fonds oft Artikel 6 Produkte.

 

Artikel 8: Transparenz bei der Bewerbung ökologischer oder sozialer Merkmale

Wenn man seinen Fonds in irgendeiner Form als „nachhaltig“ bezeichnet oder bewirbt, fällt er unter Artikel 8 der Offenlegungsverordnung. Dann muss der Anbieter offenlegen, wie er die beworbenen Merkmale erzielt. Konkret geben die Anbieter an, dass (und wie) sie ökologische und / oder soziale Aspekte berücksichtigen, wenn sie die Investments für ihren Fonds auswählen. Solche Produkte nennt man deshalb Artikel 8 Fonds oder auch „hellgrüne“ Fonds. Hellgrün ist eine unglückliche Bezeichnung, denn tatsächlich können die Anlagen solcher Fonds komplett anders aussehen, als das was sich der normale Verbraucher unter einem nachhaltigen Investment vorstellt. Es kommt auf die Anlageschwerpunkte und -richtlinien des einzelnen Fonds an. Ein Beispiel: Der „MSCI World Energy Sector ESG“ ETF von iShares – ein Artikel 8 ETF – investiert in den Energiesektor und hat unter anderem  die Ölriesen BP, Shell und Total im Portfolio.

 

Artikel 9: Anstreben einer nachhaltigen Wirkung

Nach Artikel 9 der Offenlegungsverordnung muss bei Fonds, die ein Nachhaltigkeitsziel anstreben, erklärt werden wie dieses erreicht werden soll. „Artikel 9  Fonds“, auch „dunkelgrüne Fonds“ genannt, formulieren also ein konkretes ökologisches oder soziales Ziel. Typische Ziele sind:

  • Einzahlen auf mindestens eines der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen
  • CO2 Reduzierung
  • Förderung eines sozialen Merkmals, zum Beispiel Chancengleichheit

Das klingt gut. Wie  genau diese Ziele erreicht werden sollen, definiert aber der jeweilige Fondsanbieter. Und viele Artikel 9 Fonds legen tatsächlich in ähnliche Unternehmen an, wie die konventionellen Artikel 6 Fonds.

Ein Beispiel: Viele Artikel 9 Fonds geben an, als nachhaltiges Zeil eine CO2 Reduktion zu verfolgen. Dafür wird in Unternehmen investiert, deren Geschäftsmodelle nicht so CO2 intensiv sind. Große Technologiewerte wie Microsoft und Alphabet zum Beispiel, statt Stahl, Zement, Energieversorger… Aber wurde auf diese Weise tatsächlich CO2 reduziert? Zielführender wäre es hier in Unternehmen zu investieren, die neue, emissionsarme Herstellungsverfahren entwickeln oder anwenden.

„Artikel 9“ bzw. das Anstreben eines Nachhaltigkeitsziels, ist für uns daher nur eine Grundvoraussetzung, reicht uns aber in keiner Weise als Grundlage, um einen Fonds auszuwählen, der unseren Vorstellungen von nachhaltigem und zukunftsgerichtetem Investieren entspricht.

 

Welche Fonds sind für uns „richtig nachhaltig“

Aus den genannten Gründen stützen wir uns nicht auf Artikel 8 / 9 Einstufung bei der Auswahl der besonders nachhaltigen Fonds, die wir auf unserer Seite vorstellen. Wir achten vielmehr auf folgendes:

  • Dass der Fonds nicht in besonders schädliche Geschäftsmodelle und Praktiken investiert („Fußabdruck“)
  • Dass der Fonds durch seine Anlagen möglichst positive Wirkung erzielt („Handabdruck“)
  • Dass der Fondsanbieter allgemein eine hohe Glaubwürdigkeit und eine langjährige Expertise in Sachen nachhaltige Investments vorweist
  • Insbesondere achten wir nicht nur auf die formulierten Investment-Ziele, sondern auf die tatsächliche Umsetzung

Weitere Informationen, wie wir die Fonds auswählen, sowie alle Produkte, die es bisher in die Auswahl geschafft haben, findest du hier. Wenn dir ein Fonds gefällt, kannst du ihn dir ganz einfach schenken lassen, wie das geht erfährst du hier.